Einleitung
Die Klimapolitik verändert den Mittelstand grundlegend. Während Energiepreise und CO₂-Kosten schon heute die Gewinn- und Verlustrechnungen beeinflussen, wächst der regulatorische Druck durch EU-Politik und Kundenanforderungen stetig. Besonders im Fokus stehen die sogenannten Scope 3-Emissionen – also jene Emissionen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehen.
Für mittelständische Unternehmen bedeutet das: Die Dekarbonisierung ist nicht länger eine abstrakte Vision, sondern ein handfester Wettbewerbsfaktor. Wer seine CO₂-Emissionen – auch die in der Lieferkette – kennt, steuern und reduzieren kann, sichert sich Vorteile bei Kunden, Banken und Investoren. Wer zögert, riskiert steigende Kosten, Reputationsverluste und den Ausschluss aus Lieferketten.
1. Warum Dekarbonisierung gerade den Mittelstand betrifft
Große Konzerne stehen durch die CSRD bereits in der Pflicht, ihre Emissionen umfassend zu berichten. Doch diese Pflicht wirkt durch die Lieferketten direkt in den Mittelstand hinein. Zulieferer, die keine belastbaren ESG-Daten liefern können, verlieren Aufträge.
Hinzu kommt: Der ETS II und nationale CO₂-Bepreisungssysteme machen Emissionen in Mobilität, Wärme und Industrie ab 2027 noch teurer. Für Mittelständler mit energieintensiver Produktion bedeutet das massive Mehrkosten.
Gleichzeitig fordern Banken im Rahmen von ESG-Ratings CO₂-Strategien ein, um Kredite überhaupt noch zu gewähren.
👉 Mehr dazu: Finanzierung, Banken & ESG-Ratings im Mittelstand
2. Scope 1, 2 und 3 – was steckt dahinter?
Zur Messung von CO₂-Emissionen hat sich ein dreistufiges Modell etabliert:
Scope 1: Direkte Emissionen aus eigener Produktion oder Fuhrpark.
Scope 2: Indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie (Strom, Wärme, Kälte).
Scope 3: Alle übrigen indirekten Emissionen entlang der Wertschöpfungskette – vom Rohstoff über die Logistik bis hin zur Nutzung und Entsorgung der Produkte.
Für viele Mittelständler machen Scope 3-Emissionen bis zu 80 % der Gesamtemissionen aus. Sie sind also der größte Hebel – und zugleich der komplexeste Teil der Dekarbonisierung.
👉 Vertiefung: CO₂-Kosten & Klimarisiken im Mittelstand
3. Die größten Herausforderungen bei Scope 3 im Mittelstand
Scope 3 klingt logisch und auch machbar, ist aber in der Praxis schwierig. Denn viele Zulieferer können keine verlässlichen Daten liefern oder haben sehr unterschiedliche Methoden der Berechnung. Damit wird es für den Mittelstand schwer, konsistente Ergebnisse zu erzielen. Hinzu kommt: Während Großkonzerne eigene Nachhaltigkeitsabteilungen beschäftigen, müssen Mittelständler mit knappen Ressourcen (personell wie finanziell) zurechtkommen. Und dennoch erwarten große Kunden und Banken zunehmend detaillierte Informationen.
Das führt zu einem Paradox: Der Mittelstand ist durch Scope 3 massiv betroffen, aber strukturell nicht darauf vorbereitet. Wer sich in dieser Situation nicht aktiv aufstellt, läuft Gefahr, aus Lieferketten zu fallen oder bei Finanzierungen ins Hintertreffen zu geraten.
4. Regulatorische Treiber: Von der Option zur Pflicht
Regulatorische Entwicklungen verschärfen den Handlungsdruck. Die CSRD verpflichtet große Unternehmen, Scope 3 zu berichten – und überträgt diese Anforderung damit direkt an ihre Zulieferer. Die EUDR macht entwaldungsfreie Lieferketten zur Pflicht und betrifft damit auch Verpackungen und Rohstoffe im Mittelstand. Mit dem CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) werden importierte Emissionen teurer, was vor allem exportorientierte Unternehmen trifft. Und der ETS II bepreist ab 2027 fossile Energieträger in Wärme und Verkehr – eine zusätzliche Belastung für Mittelständler. Kurzum: Die Lage ist kompliziert und für viele mittelständische Unternehmen eine echt Herausforderung – zusätzlich zu der ohnehin vielfach schwierigen Geschäftslage.
👉 Wie wir dabei unterstüzen: ESG-Compliance & Nachhaltigkeit
5. Chancen: Dekarbonisierung als Wettbewerbsstrategie
Die Dekarbonisierung ist nicht nur Pflicht, sondern auch eine strategische Chance. Unternehmen, die frühzeitig in Energieeffizienz investieren, senken nicht nur ihre Kosten, sondern sichern sich auch langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
👉 Wer seine Lieferketten emissionsärmer gestaltet, wird zum bevorzugten Partner für große Kunden.
👉 Und wer seine CO₂-Daten transparent aufbereitet, erhält bessere Finanzierungskonditionen bei Banken.
Darüber hinaus öffnet Dekarbonisierung Türen für Innovation. Kreislaufwirtschaft, neue Geschäftsmodelle wie „Product-as-a-Service“ oder die Nutzung alternativer Materialien bieten Mittelständlern die Möglichkeit, sich von Billigkonkurrenz abzuheben und Kunden langfristig zu binden.
6. Praxisbeispiele aus dem Mittelstand
Die Diskussion um Scope 3 darf nicht abstrakt bleiben – sie wird in vielen mittelständischen Unternehmen bereits sehr konkret umgesetzt. Praxisbeispiele aus Deutschland zeigen, dass Dekarbonisierung im Mittelstand machbar ist und handfeste Vorteile bringt.
Ein eindrucksvoller Fall ist das Hamburger Technologieunternehmen Körber. Dort hat man erkannt, dass die größten Emissionen nicht aus den eigenen Produktionsstätten oder dem Energiebezug stammen, sondern aus den vor- und nachgelagerten Prozessen – also aus Scope 3. Körber hat sich deshalb ein klares Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Scope-3-Emissionen im Vergleich zu 2021 um mindestens 90 % gesenkt werden. Der Weg dorthin führt über mehrere Hebel: die verstärkte Nutzung von grünem Strom, die Prüfung und Steuerung der Lieferketten, Innovationen bei Materialien und der Einsatz neuer Fertigungstechnologien wie 3D-Druck. Die Botschaft ist klar: Wer frühzeitig handelt, stärkt nicht nur seine Nachhaltigkeitsbilanz, sondern gewinnt auch an Attraktivität für Kunden und Investoren, die CO₂-Transparenz zunehmend als Grundvoraussetzung sehen. Mehr dazu auch HIER.
Auch Everllence (vormals MAN Energy Solutions) zeigt, wie mittelständisch geprägte Unternehmen Scope-3-Emissionen in den Blick nehmen können. Das Unternehmen arbeitet an Lösungen, die über die eigene Produktion hinauswirken: synthetische Kraftstoffe, Technologien zur CO₂-Abscheidung und Speicherung sowie die Entwicklung emissionsarmer Antriebe. Diese Innovationen adressieren nicht nur Scope 1 und 2, sondern verringern indirekt auch Scope 3-Emissionen entlang ganzer Wertschöpfungsketten – etwa bei der Wahl von Brennstoffen oder in der Energieversorgung der Kunden. Damit wird deutlich: Scope 3 ist kein „externer“ Faktor, sondern kann aktiv durch Produkt- und Technologieentscheidungen beeinflusst werden.
Ein drittes Beispiel liefert die SMS Group, die gemeinsam mit Thyssenkrupp eine Direktreduktionsanlage in Duisburg baut. Diese soll künftig den klassischen Hochofen ersetzen und mit Wasserstoff betrieben werden. Allein dieses Projekt spart jedes Jahr über 3,5 Millionen Tonnen CO₂ ein – ein massiver Hebel in der Stahlproduktion. Auch wenn SMS Group als Anlagenbauer nicht alle Emissionen selbst verantwortet, trägt das Unternehmen durch seine Technologie dazu bei, dass Scope-3-Emissionen bei Kunden drastisch reduziert werden können. Für den Maschinen- und Anlagenbau ist dies ein starkes Signal: Dekarbonisierung ist nicht nur eine Pflicht, sondern ein Geschäftsmodell.
Statistiken des Umweltbundesamts unterstreichen die Bedeutung von Scope 3 im deutschen Maschinenbau. Für jeden 1.000 Euro Umsatz entstehen durchschnittlich rund 215 Kilogramm CO₂-Äquivalente in der gesamten Produktions- und Lieferkette. Damit ist der indirekte Teil der Emissionen in vielen Fällen viermal so hoch wie die eigenen direkten Emissionen (Scope 1 und 2). Wer diese Dimension ignoriert, riskiert, die größten Hebel der Dekarbonisierung zu verpassen – und damit sowohl regulatorisch als auch wirtschaftlich ins Hintertreffen zu geraten. Mehr dazu auch HIER.
7. Der Weg zur Dekarbonisierung im Mittelstand
Der Weg zur Dekarbonisierung beginnt mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme. Mittelständler müssen zunächst verstehen, wo ihre Emissionen entstehen – nicht nur im eigenen Werk, sondern entlang der gesamten Lieferkette. Eine erste Bilanzierung schafft Transparenz und zeigt, welche Bereiche den größten Anteil haben.
Auf dieser Grundlage können Unternehmen priorisieren: Welche Lieferanten sind kritisch, welche Produktionsschritte besonders CO₂-intensiv, welche Produkte verursachen überproportionale Emissionen? Statt alles auf einmal anzugehen, ist es sinnvoll, sich auf die größten Hebel zu konzentrieren.
Im nächsten Schritt geht es darum, konkrete Maßnahmen zu planen. Das können Energieeffizienzprojekte sein, die Umstellung auf erneuerbare Energien oder auch die Zusammenarbeit mit neuen Lieferanten. Wichtig ist, dass diese Maßnahmen nicht isoliert stehen, sondern in eine übergeordnete Strategie eingebettet sind.
Die Umsetzung erfordert dann einen klaren Fahrplan, regelmäßiges Monitoring und die Integration der Ergebnisse ins Unternehmensreporting. Am Ende geht es nicht nur um Reduktion, sondern auch um Kommunikation: Wer seinen Kunden und Banken transparente Fortschritte zeigt, gewinnt Vertrauen und verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil. Oder um es kurz und knapp mit unseren Erfahrungen aus der Praxis zu sagen:
Bestandsaufnahme: CO₂-Fußabdruck (Scope 1–3) erfassen.
Analyse: Hotspots identifizieren (Produkte, Lieferanten, Prozesse).
Maßnahmen planen: Effizienzsteigerungen, Lieferantenauswahl, erneuerbare Energien.
Umsetzen & monitoren: Fortschritt dokumentieren, Daten für Banken/Kunden nutzbar machen.
Kommunizieren: Transparenz schafft Vertrauen und Differenzierung.
8. Digitalisierung & Tools als Enabler
Scope 3 ist ohne Digitalisierung kaum zu bewältigen. Daten aus komplexen Lieferketten lassen sich nicht per Excel managen. Moderne ESG-Software ermöglicht es, Materialströme zu erfassen, Emissionen zu berechnen und Berichte automatisiert zu erstellen.
Darüber hinaus eröffnet Künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten. Sie kann Datenlücken schließen, Muster erkennen und Szenarien simulieren. So lässt sich etwa durchrechnen, wie sich ein Lieferantenwechsel auf den CO₂-Fußabdruck auswirkt oder welche Investition den größten Einsparhebel hat.
Mittelständler, die hier frühzeitig aufrüsten, gewinnen an Geschwindigkeit und Glaubwürdigkeit. Sie können nicht nur regulatorische Pflichten effizient erfüllen, sondern ihre Daten aktiv als Steuerungsinstrument einsetzen. So wird Digitalisierung zum Enabler einer nachhaltigen Wettbewerbsstrategie.
👉 Mehr dazu: Digitalisierung & KI im ESG-Management
9. Unser Beratungsansatz für Scope 3 im Mittelstand
Wir bei Butterfly Effect Consulting begleiten mittelständische Unternehmen auf diesem Weg – mit einem Ansatz, der praxisnah und umsetzbar ist.
Zunächst schaffen wir Transparenz: Mit unserem CO₂-Kosten-Rechner (mehr Infos und kostenlose DEMO-Buchung 👉 HIER) zeigen wir CFOs, welche Kosten in den kommenden Jahren drohen und wo Einsparpotenziale liegen. Darauf aufbauend analysieren wir die Scope-3-Emissionen, identifizieren die größten Hotspots in Lieferketten und entwickeln Maßnahmen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll sind.
Wir begleiten die Umsetzung, helfen bei der Einführung digitaler Tools und unterstützen beim Change-Management, damit Führungskräfte und Teams die Transformation aktiv mittragen. Unser Ziel ist es, aus regulatorischem Druck einen Wettbewerbsvorteil zu machen – und Dekarbonisierung so zu gestalten, dass sie messbar zur Profitabilität beiträgt.
10. Handlungsempfehlungen für Mittelständler
Dekarbonisierung klingt nach einem Mammutprojekt – und viele Mittelständler fühlen sich davon überfordert. Doch der Schlüssel liegt darin, pragmatisch zu beginnen. Es braucht keine perfekten Daten, um zu starten. Entscheidend ist, erste Schritte zu gehen und die größten Hebel zu adressieren.
Ein sinnvoller Einstieg ist eine grobe Bilanzierung, um die wichtigsten Emissionsquellen sichtbar zu machen. Darauf aufbauend können Hotspots gezielt angegangen werden – oft verursachen wenige Lieferanten oder Produkte den Großteil der Emissionen. Parallel sollten Unternehmen beginnen, erste Maßnahmen umzusetzen: Energieeffizienzprojekte, Lieferantengespräche, Pilotprojekte mit alternativen Materialien.
Ebenso wichtig ist die Kommunikation. Wer offenlegt, wo er steht und welche Schritte er unternimmt, baut Vertrauen auf – bei Kunden, Banken und Mitarbeitenden. Und schließlich sollten Unternehmen frühzeitig digitale Tools einführen, um Daten effizient zu managen. Excel ist für die Komplexität von Scope 3 nicht mehr ausreichend.
Kurz gesagt: Nicht warten, sondern anfangen. Schon kleine Schritte können große Wirkung entfalten – und die Weichen für eine zukunftssichere Wettbewerbsstrategie stellen.
Fazit
Dekarbonisierung und insbesondere Scope 3 sind die vielleicht größte Herausforderung für den Mittelstand – aber auch seine größte Chance. Unternehmen, die frühzeitig handeln, reduzieren Risiken, senken Kosten und schaffen Vertrauen bei Kunden, Banken und Mitarbeitenden. Die Transformation ist unvermeidlich – die Frage ist nur, ob man sie gestaltet oder getrieben wird.
👉 Sichern Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit durch eine smarte Scope-3-Strategie – sprechen Sie uns an, wir begleiten Sie praxisnah, pragmatisch und effizient.