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Ab den nächsten Jahren zieht die EU die Schraube bei der CO₂-Bepreisung deutlich an. Neben dem bereits bestehenden Emissionshandel (ETS1) kommt ein zweites System für Gebäude und Verkehr (ETS2) hinzu – inzwischen politisch auf 2028 verschoben. Dazu kommt der CO₂-Grenzausgleich (CBAM) für Importe. Die Folge: spürbar steigende Kosten in nahezu allen Sektoren – vom produzierenden Gewerbe bis zu Dienstleistern und Verbrauchern.

Für Unternehmen im Mittelstand ist der CO₂-Preis damit längst nicht mehr nur ein Thema für „Energieversorger und Großindustrie“, sondern ein strategischer Kosten- und Wettbewerbsfaktor. Wir erklären, worauf es jetzt ankommt – und warum die Verschiebung von ETS2 auf 2028 kein Freifahrtschein zum Abwarten ist.

Was ändert sich ab 2028 – und was schon vorher?

Die EU baut ihr System der CO₂-Bepreisung auf drei Säulen aus:

  1. ETS1 (bestehender Emissionshandel)

    • Gilt weiterhin für Industrie, Energieerzeugung und bestimmte weitere Sektoren.

    • Die bisher kostenlosen Zertifikate werden ab 2026 schrittweise bis 2034 abgebaut – besonders für Branchen, die vom CO₂-Grenzausgleich (CBAM) erfasst sind, etwa Stahl, Zement, Aluminium oder Düngemittel.

    • Das bedeutet: Jahr für Jahr werden fossile Energieträger und energieintensive Prozesse teurer.

  2. ETS2 (neuer Emissionshandel für Gebäude & Straßenverkehr)

    • Ursprünglich war ein Start 2027 vorgesehen. Nach dem aktuellen politischen Kompromiss wird ETS2 voraussichtlich erst 2028 voll wirksam.

    • Die vorbereitende Berichts- und Implementierungsphase 2024–2026 läuft jedoch weiter. Inverkehrbringer von Brenn- und Kraftstoffen müssen sich auf die neue Regulierung einstellen, nationale Systeme (z. B. das deutsche nEHS) werden schrittweise integriert.

    • Für Unternehmen heißt das: Heizen, Prozesswärme und Mobilität auf Basis fossiler Energien werden ab 2028 systematisch mit CO₂-Kosten belastet.

  3. CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism)

    • Seit Oktober 2023 läuft eine Übergangsphase mit reinen Reporting-Pflichten.

    • Ab 1. Januar 2026 startet der definitive CBAM-Regime: Importeure bestimmter Grundstoffe (z. B. Stahl, Zement, Aluminium, Düngemittel, Wasserstoff) müssen für eingebettete Emissionen CBAM-Zertifikate abgeben.

    • Aufgrund einer im Oktober 2025 beschlossenen Vereinfachung beginnt der Verkauf der CBAM-Zertifikateallerdings erst im Februar 2027. Unternehmen kaufen dann nachträglich Zertifikate für ihre Importe aus 2026.

    • Damit wird CBAM schrittweise zum Kostenspiegel des EU-ETS für außereuropäische Importe – und macht CO₂-intensive Lieferketten teurer.

Die zentrale Botschaft:

Die CO₂-Kosten kommen – auch wenn ETS2 um ein Jahr nach hinten rutscht. Wer jetzt plant, verschafft sich einen echten Vorteil.

So funktioniert der CO₂-Preis in ETS1 und ETS2

Sowohl ETS1 als auch ETS2 funktionieren nach dem Prinzip „Cap and Trade“:

  • Die EU legt eine Emissionsobergrenze (Cap) fest – also wie viel CO₂ insgesamt ausgestoßen werden darf.

  • Für jede Tonne CO₂ gibt es ein Zertifikat.

  • Die Menge der Zertifikate wird jedes Jahr reduziert – aktuell für ETS1 um rund 4,3 % pro Jahr, perspektivisch eher stärker.

  • Unternehmen, die mehr emittieren, müssen Zertifikate zukaufen – wer weniger emittiert, kann Zertifikate verkaufen.

Der CO₂-Preis entsteht auf dem Markt durch Angebot und Nachfrage. Wie hoch er 2028 in ETS2 genau sein wird, weiß heute niemand. Klar ist nur:

  • Die verfügbare Menge an Zertifikaten wird knapper.

  • Die kostenlosen Zuteilungen in ETS1 laufen schrittweise aus.

  • Mit ETS2 kommt ein zusätzliches Nachfragefeld (Gebäude, Verkehr) dazu – wenn auch mit Preisstabilisierungs-Mechanismen, um extreme Ausschläge zu begrenzen.

Für Unternehmen bedeutet das: Die CO₂-Kosten werden nicht günstiger, eher im Gegenteil.

Was heißt das konkret für ein typisches Unternehmen?

Nehmen wir ein beispielhaftes mittelständisches Gewerbeunternehmen mit:

  • 30.000 kWh Stromverbrauch
  • 50.000 kWh Wärme für Heizung oder Prozesswärme
  • zusätzlich Firmenfuhrpark (Diesel/Benzin)

Wir betrachten vereinfacht nur die Wirkung des CO₂-Preises über ETS2 und nationale Systeme bzw. ETS1-Durchschläge:

  • Bei einem moderaten CO₂-Preis von 65 €/t entstehen schnell zusätzliche Kosten im Bereich von einigen Tausend Euro pro Jahr.
  • Steigt der CO₂-Preis langfristig in Richtung 200–300 €/t, wie es viele Szenarien für eine Paris-kompatible Klimapolitik annehmen, können sich diese Mehrkosten verdreifachen oder vervierfachen – insbesondere für energieintensive Betriebe.

Noch deutlicher wird es in der Industrie:

  • Unternehmen, die direkt im ETS1 sind oder viele ETS- und CBAM-relevante Vorprodukte (z. B. Stahl, Aluminium, Zement) nutzen, werden über ihre Lieferanten massiv mit CO₂-Kosten konfrontiert.
  • Gleichzeitig laufen die kostenlosen Zertifikate schrittweise aus – die volle Kostenwahrheit kommt näher.

Das Risiko für den Mittelstand:

Wer seine Energie- und Materialkosten nicht systematisch im Blick hat, läuft Gefahr, still und leise Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.

Wer ist besonders betroffen?

Neben der klassischen Industrie und Energiebranche geraten zunehmend folgende Akteure unter Druck:

  • Gewerbliche Gebäudeeigentümer und Nutzer
    – insbesondere bei Öl- oder Gasheizungen, älteren Bestandsgebäuden und fehlender Effizienzstrategie.
  • Unternehmen mit großem Fuhrpark
    – Logistik, Serviceflotten, Außendienst, Handwerk.
  • Importeure und verarbeitende Unternehmen von CBAM-Gütern
    – z. B. Maschinenbau, Bauwirtschaft, Metallverarbeitung, Verpackungsindustrie, die auf Stahl, Aluminium, Zement oder Düngemittel angewiesen sind.

Eine echte Ausnahme gibt es nur für diejenigen, die ihren Energiebedarf konsequent auf 100 % erneuerbare Quellenumstellen und ihre Lieferketten entsprechend ausrichten.

CBAM: Der CO₂-Grenzausgleich im Überblick

Mit CBAM sorgt die EU dafür, dass importierte Produkte ähnlich hohe CO₂-Kosten tragen wie innerhalb der EU produzierten Güter:

  • In der Übergangsphase (2023–2025) müssen Importeure quartalsweise berichten, welche Emissionen in den importierten Gütern stecken.
  • Ab 2026 gilt der finanzielle Mechanismus: Es müssen CBAM-Zertifikate in Höhe der eingebetteten Emissionen abgegeben werden.
  • Weil der Zertifikatsverkauf erst ab Februar 2027 startet, werden die Zertifikate für 2026-Importe rückwirkend erworben – die Kostenwirkung bleibt aber gleich.

Für mittelständische Unternehmen ist das vor allem dann relevant, wenn:

  • sie selbst CBAM-Güter importieren oder
  • sie stark von Lieferanten abhängig sind, die unter CBAM fallen – denn diese werden die CO₂-Kosten weitergeben.

Was können Unternehmen jetzt tun?

Die Verschiebung von ETS2 auf 2028 verschafft Unternehmen keinen Aufschub, sondern nur eine kurze Atempause, um strategisch besser zu handeln. Die Lösung ist klar: Umstieg auf eigene, grüne Energie. Sonnen- und Windstrom sind CO₂-frei und inzwischen günstiger als jede fossile Energieform. Aber es gibt noch mehr zu tun und sinnvoll ist folgendes Vorgehen:

  1. Transparenz über Emissionen und Kosten herstellen

    • Welche Emissionen entstehen in Scope 1 und 2 (eigene Anlagen, Energiebezug)?

    • Welche Emissionen und CO₂-Kosten stecken in Scope-3-Vorketten (Materialien, Vorprodukte, Transport)?

  2. CO₂-Kosten in die Finanzplanung integrieren

    • Szenarien mit verschiedenen CO₂-Preisen (z. B. 65 €/t, 150 €/t, 250 €/t) rechnen.

    • Effekte auf EBIT, Cashflow und Produktmargen sichtbar machen.

  3. Dekarbonisierungs-Hebel identifizieren

    • Eigenstrom (PV), Effizienz, Wärmepumpen, Elektrifizierung von Prozessen.

    • Umstellung der Flotte auf E-Mobilität oder andere alternative Antriebe.

    • Anpassung der Einkaufsstrategie: Lieferantenwahl auch nach CO₂-Intensität und CBAM-Betroffenheit.

  4. Strategische Prioritäten setzen

    • Welche Investitionen zahlen gleichzeitig auf Klimaziele, ESG-Anforderungen und Wettbewerbsfähigkeit ein?

    • Wo drohen bei Nichtstun mittelfristig Preisrisiken oder Margenverluste?

Wie wir unterstützen: CO₂-Kosten-Check für den Mittelstand

Um Ihnen den Weg in eine klimafreundliche und kosteneffiziente Zukunft zu erleichtern, bietet unsere Beratung gezielte Unterstützung an. Um den Einstieg zu erleichtern, analysieren wir mit unserem CO₂-Kosten-Check:

  • Ihre aktuellen und zukünftigen CO₂-Kosten in den relevanten Scopes (1, 2 und – soweit Daten vorhanden – wesentlichen Scope-3-Kategorien).

  • Die Auswirkungen unterschiedlicher CO₂-Preisszenarien auf Ihre Kostenstruktur und Margen.

  • Konkrete Handlungsoptionen, priorisiert nach Wirtschaftlichkeit, Umsetzbarkeit und Wirkung auf Ihre Wettbewerbsfähigkeit.

So behalten Sie nicht nur den Überblick über regulatorische Änderungen wie ETS2-Verschiebung und CBAM-Verschärfungen, sondern können Ihre Dekarbonisierung als Business-Case denken. Mehr Informationen und praxisnahe Tipps dazu finden Sie in unserem Beitrag: Transparenz schaffen und Kosten steuern mit unserem CO₂-Kosten-Check.

Fazit

Die EU macht Ernst: CO₂ hat einen Preis – und dieser Preis wird in den nächsten Jahren sichtbarer und relevanter für den Mittelstand. Die Verschiebung von ETS2 auf 2028 ändert nichts daran, dass:

  • kostenlose Zertifikate in ETS1 bis 2034 auslaufen,
  • CBAM ab 2026 Importe verteuert und
  • fossile Energien in Gebäuden und Verkehr systematisch bepreist werden.

Unternehmen, die jetzt handeln, können Kosten senken, Risiken begrenzen und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken. Wer wartet, zahlt später doppelt – über höhere Energie- und Materialkosten und über verlorene Marktchancen.

👉 Lassen Sie uns jetzt starten und buchen Sie einen kostenlosen Beratungstermin!

Juliane Höfler

19 Jahre Erfahrung als Unternehmerin, Managerin und Beraterin. Falls Sie Fragen zu diesem Artikel oder Interesse an einer Zusammenarbeit haben, schreiben Sie mir oder besuchen Sie mich auf LinkedIn.