Das nachhaltige Interview – 11 Fragen an Katja Meinecke-Meurer (Tessloff Verlag)

„Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, sagte schon Schiller. Aber wenn es um die Implementierung von Nachhaltigkeit in Unternehmen geht, scheinen wir trotz aller Mahnungen der Wissenschaft und trotz aller Regulatorik alle Zeit der Welt zu haben. Oder ist das nur ein Trugschluss und im Geheimen geschehen und entstehen Wunder, die uns noch alle überraschen werden?

Tja, wir wissen es auch nicht und suchen deshalb nach den Lösungen. Wir fragen deshalb die Menschen, die hoffentlich daran arbeiten, eine lebenswerte Zukunft zu gestalten! Heute sprechen wir in unserer Interview-Reihe "Das nachhaltige Interview – 11 Fragen an…" mit Katja Meinecke-Meurer, Geschäftsführerin & Verlegerin beim Tessloff Verlag! Legen wir also mal los!

01 | Wenn Ihr Unternehmen ein Superheld wäre, welche nachhaltige Superkraft hätte es?

Neugier ist unsere Superkraft! Warum? Weil Neugier die Kraft ist, um die Zukunft zu gestalten.

02 | Was würden Sie sagen, wenn jemand behauptet, Nachhaltigkeit ist nur ein Trend?

Für mich bedeutet Nachhaltigkeit immer ein Versprechen an die Zukunft und dass wir unsere Verantwortung für Kinder – also für künftige Generationen – im Blick haben und wahrnehmen. Da die Kinder von heute die Erwachsenen von morgen sind, wächst diese Verantwortung immer nach. Nachhaltigkeit kann also gar nicht kurzfristig sein.

03 | Was war der größte „Nachhaltigkeits-Fail“, den Sie erlebt haben, und was haben Sie daraus gelernt?

Der größte Fail ist für mich insgesamt der Begriff „regional“. Wenn wir uns Produkte anschauen, die „regional“ und darum nachhaltig sein sollen, dann staune ich immer wieder. Die meisten Fails unterliegen meiner Meinung nach der fehlenden Bereitschaft, ganzheitlich zu denken und Daten und Fakten zu analysieren.  Wir versuchen daher immer, alle unsere Nachhaltigkeitsziele in einen Gesamtzusammenhang und Einzelthemen sehr analytisch zu betrachten.

04 | Was bedeutet „Nachhaltiges Wirtschaften“ für Ihr Unternehmen, wenn Sie es in einem Satz sagen müssten?

Als Kinderbuchverlag sehen wir es als unseren Auftrag an, den nachfolgenden Generationen eine gesunde Lebenswelt zu hinterlassen – angetrieben von der Mission, Kinder stark für ihre Zukünfte zu machen. 

05 | Was war die kurioseste oder bezauberndste Idee zum Thema ESG, die jemals in Ihrem Unternehmen vorgeschlagen wurde?

Lastenfahrräder für unsere Außendienstler finde ich nach wie vor sehr charmant, aber eben auch ein wenig schwierig in der Realisierung 😉 Selbst ich, die an die 10.000 km im Jahr Fahrrad fährt, schaffe nicht die typische Reisedimension eines Außendienstlers von rund 75.000 km. Aber: Inzwischen haben die ersten Kolleg*innen Dienstfahrräder und der Außendienst fährt mehr mit der Bahn oder mit E-Autos.

06 | Wenn Sie eine Nachhaltigkeits-Challenge gegen ein anderes Unternehmen starten könnten, was wäre die Herausforderung?

Eine tolle Challenge könnte sein: „Wer bringt die besten nachhaltigen Ideen aus dem Kreis der Mitarbeitenden ein?“ Am Ende könnte es eine Abstimmung über die Ideen geben, ohne dass die Abstimmenden wissen, wer hinter der Idee steckt – quasi eine maskierte Idee… Auf diese Weise könnte man das Innovationspotenzial im Unternehmen aktivieren und sichtbar machen und ganz nebenbei jeden Mitarbeitenden zum/zur Nachhaltigkeitsmanager*in machen. 

07 | Gibt es eine Nachhaltigkeitsmaßnahme, die bei Ihnen im Unternehmen umgesetzt wurde, die die Mitarbeitenden anfangs für verrückt hielten, aber die sich als goldrichtig erwiesen hat?

Zur Optimierung unseres CO₂e-Fußabdrucks haben wir unsere Quote an Recyclingpapier in diesem Jahr vergleichsweise niedrig gehalten. Das klingt erst einmal paradox. Aber die Produktion von Recyclingpapier benötigt aktuell noch sehr viel Energie und die Transportwege sind lang. Darum ist es wichtig, ganz genau auf die Details achten. Natürlich ist die Verwendung von Recyclingpapier und das Entstehen einer Kreislaufwirtschaft richtig und wir streben diese an. Aber wir berücksichtigen auf unserer Route zum 1,5°-Grad-Unternehmen auch die Emissionen, die wir auf dem Weg dorthin verbrauchen. Dann kann es manchmal auch zielführend sein, ein sehr nachhaltiges Frischfaserpapier einzusetzen, um das Gesamtziel zu erreichen.

08 | Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen oder Ihre Branche die größten Chancen, wenn es um die Verknüpfung von Profitabilität und Nachhaltigkeit geht?

Ein Unternehmen, das nicht nachhaltig wirtschaftet, wird in der Zukunft nicht profitabel sein oder am Markt bestehen können, daher sehe ich insgesamt weniger die einzelne Chance, sondern eher das Gesamtziel des nachhaltigen Wirtschaftens. Ich bin auch sicher, dass wir dabei gemeinsam eine neue Definition von „Ertrag“ benötigen. Auf dem Weg dahin liegen für mich die größten Chancen einerseits im Innovationspotential einer nachhaltigen Entwicklung und andererseits in der Attraktivität eines nachhaltigen Arbeitgebenden für Mitarbeitende und Nachwuchskräfte.

09 | Stichwort ESG-Regulatorik: Pain in the A** oder Chance für die Zukunft? Und warum?

Standards und Regeln sind das, was unserer Gesellschaft zusammenhält. Wir brauchen den gemeinsamen Rahmen der Regulatorik. Aber na klar, Bürokratie und Aufwand sind oft extrem nervig. Dennoch ist es der notwendige Schritt in Richtung Zukunft.

10 | Wir wollen von Ihnen lernen: Beschreiben Sie ein Projekt (oder eine Initiative) das aus Ihrer Sicht beispielhaft für die Nachhaltigkeitsbestrebungen Ihres Unternehmens ist!

Unserer Demokratie-Initiative, die wir für Kinder gestartet haben, ist ein starkes Beispiel. Im Frühjahr haben wir eine Broschüre zum Thema Demokratie entwickelt, die wir kostenlos zur Verfügung stellen. Unser Ziel ist es, Kinder in jedem Zuhause zu erreichen und ihnen auf ungezwungene Weise wichtiges Wissen zu vermitteln. Wir möchten sie für die Werte einer lebendigen Demokratie begeistern – für eine Gesellschaft, die Freiheit, Vielfalt und die aktive Mitgestaltung aller fördert. Damit Kinder in dem Bewusstsein aufwachsen, dass sie selbst die Zukunft mitgestalten. Neben der Broschüre haben wir begleitend weitere themenbezogene Formate für Kinder entwickelt, u.a. eine Podcast-Folge und ein Event-Quizz. Starke Partnerschaften, z.B. mit dem Bildungs-Start-up DigitalSchoolStory tragen das Thema für Kinder weiter. Aktuell erarbeiten wir schulbegleitendes Material. Ein weiterer positiver Effekt: Das Buch, das im August dazu erschienen ist, spart 25% CO₂e im Vergleich zu unseren bisherigen Bänden ein und verwendet sehr innovatives Material. Bei diesem Projekt kommen Ökologie, Ökonomie und Soziales wunderbar zusammen.

11 | Wir befinden uns im Jahr 2030 und Sie blicken zurück auf die letzten 5 Jahre. Auf welche Nachhaltigkeitsleistung Ihres Unternehmens sind Sie besonders stolz und warum?

Hoffentlich können wir stolz darauf sein, nah am 1,5° Grad-Unternehmen zu sein. Ich wünsche mir auch, dass alle Mitarbeitenden zu Nachhaltigkeitsbotschafter*innen geworden sind und dass wir weiter viele innovative und begeisternde Projekte entwickelt haben, die Kinder neugierig und zuversichtlich in die Zukunft sehen lassen.

Vielen Dank für dieses Interview, Katja Meinecke-Meurer!